Titelbild via Photo by Sebastian Engler on Unsplash
Der Markt schmeißt um sich mit diesen Begriffen. Wenn man nicht gerade Bio Baumwolle im Nachhaltigen Geschäft findet, dann garantiert was mit dem Titel „Bambus-Viskose, TENCEL™ Modal, Lyocell“ und so weiter und so fort.
( die Marke Lenzing betreibt da gerade auch Rebranding, weiter unten im Text mehr dazu )
Einen Durchblick zu bekommen fiel selbst mir am Anfang nicht leicht, weil da auch teilweise Produkte auf Grund von Halbwissen oder Marketing nicht nach dem Textilkennzeichnungsgesetz ( jaaa sowas gibts ) falsch angeworben werden.
ACHTUNG : Ich will hier jetzt keinen Chemisch und Verfahrenstechnisch einwandfreien tiefgründigen Kurs in regenerativ Fasern geben, sondern eher eine grobe Vorstellung für euch, wo der Name herkommt und wie diese Fasern hergestellt werden. Alles was ich euch hier erkläre ist grob in der Übersicht und natürlich nicht 100% detailliert.
In meinem LETZTEN POST habe ich das Thema schon ein mal angeschnitten.
Ich lerne ja gerne in Bildern und Skizzen, weswegen ich euch jetzt versuche graphisch einen groben Überblick über das Thema zu geben. Los geht´s :
- Schaffen wir uns einen Überblick. Regenerative Cellulosefasern gehören zu den Chemiefasern, also Fasern die durch Chemische Reaktionen aus Rohstoffen gewonnen werden und nicht so, in ihrer verarbeitungsfähigen Form, in der Natur zu finden sind.
- Uns Interessieren ja jetzt vor allem die Cellulosebasierten Fasern. Und daher kommt auch der Name “ regenerative Cellulosefasern“ oder „Regeneratfasern“ , es wird Cellulose/Zellstoff gelöst und zu einer Faser regeneriert.
Frage N°1 : Wo kommt denn jetzt eigentlich diese Cellulose/Zellstoff her?
AHA – Wenn ihr also irgendwo „Bambussocken“ oder so lest, ist das einfach Viskose gewonnen aus Bambus.
Frage N°2 : Und was passiert jetzt mit dem gelösten Zellstoff/ Cellulose?
Da Unterscheidet sich das Verfahren von Faser zu Faser. Zunächst einmal die Viskoseherstellung. Das ist übrigens auch eine der Ursprünglichsten Chemiefaserherstellungen, die schon seit 1892 so Anwendung findet.
Frage N°2.1 : Und wozu brauchen wir jetzt eine Spinnlösung?
Dazu muss man die allgemeine Herstellung von Chemiefasern verstehen. Die in so etwa funktioniert wie ihr in der Grafik sehen könnt.
Die Spinndüse in grau ist, einfach gesagt, eine Platte mit ganz vielen kleinen Löchern drin, wodurch die Spinnlösung mit Druck durchgepresst wird. Das Chemikalienbad ( auch Fällbad genannt ) macht aus der Spinnlösung, die eben durch diese kleinen Löcher in der Platte gepresst wird, feste „Fäden“. Die werden dann gestreckt ( das hat physikalisch-chemische Gründe bezüglich späterer Eigenschaften ) und dann aufgewickelt.
Frage N°3 : Und was ist jetzt der unterschied zwischen Viskose, Modal, Lyocell und Cupro ?
- Viskose wird so hergestellt wie ihr oben gelesen habt.
- Modal wird so ähnlich hergestellt, nur etwas modifizierter, um die Eigenschaften der Faser zu verbessern. Die Viskosefaser an sich ist nämlich nicht gerade die tollste Faser, was ihre Eigenschaften angeht ( Festigkeit, Nassfestigkeit , Knittereigenschaften etc. )
- Lyocell erfährt einen vollkommen anderen Verfahrensprozess als Viskose und Modal. Hier hat man vor allem versucht den Chemikalienverbauch zu minimieren und die Eigenschaften positiv zu verbessern. Das funktioniert so :
Wie ihr oben erkennen könnt, wird praktisch alles mit diesem einen Lösungsmittel gemacht, was auch wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden kann ( ~95%).
- Cupro wird aus gebleichten Baumwolllinters gewonnen ( Erklärung oben im Schaubild ) . Der Prozess zur Herstellung von Cupro ist unglaublich toxisch, weswegen ich keine Aussage zu dieser Japanischen Firma treffen will, die gerade eine „super nachhaltige und ökologische Herstellung“ von Cupro propagiert. Ich will nur so viel sagen, dass Cupro seit geraumer Zeit in Deutschland aus Umweltschutzgründen nicht mehr hergestellt wird! Die Herstellung von Cupro ist der, der Viskose sehr ähnlich, als Chemikalien werden hier aber Chlorbleiche, Ammoniak, Kupferoxid und Natronlauge eingesetzt. ( das im Abwasser aufzubereiten ist verdammt aufwendig und Kostenspielig wenn man es richtig macht )
Frage N°4 : Was meintest du mit Rebranding von Lenzing?
Die Firma Lenzing ist eine östereichische Firma die einen sehr großen Anteil an regenerativ Fasern für den Markt herstellt, unglaublich viel Patente hat und sehr viel Zeit und Geld in Innovation und Entwicklung steckt. Das verwirrende daran ist ein bisschen, dass die Lyocellfaser aus dem Haus Lenzing ganz lange Tencel hieß. Ich habe sehr oft die Nachricht bekommen, was jetzt da der Unterschied ist, bis letztes Jahr gab es keinen. Nun aber haben sie das Ganze ein bisschen umgestellt und präsentieren sich mit 3 Marken: LENZING™, TENCEL™ und VEOCEL™.
TENCEL™ ist jetzt nicht mehr gleich Lyocell sondern umfasst Produktgruppen hergestellt aus TENCEL™ Modal oder TENCEL™ Lyocell.
LENZING™ beschreibt die LENZING™ ECOVERO™ Faser, welches die Ökoversion der allgemeinen Viskosefaser von Lenzing ist. Außerdem ist das eher die Marke für technische Anwendungen wie Verpackungen, Schutzkleidung etc.
VEOCEL™ ist die Hygienespalte. Das sind vor allem Nonwovens – also sowas wie Kosmetik oder Feuchttücher. Textilien die nicht gewebt oder gestrickt sind sondern einfach nur aus einem Faserverbund bestehen ( das könnt ihr euch so vorstellen, das kurze Fasern gelöst werden, auf eine Fläche gesprüht oder gegeben werden und dann verfestigt werden, mehr zu dem Thema würde den Rahmen sprengen ).
Lenzing hat außerdem die Refibra Technologie entwickelt, die meiner Meinung nach, die erste Sinnvolle Version von natürlichem Faserrecycling ist. Bei dieser Technologie wird vereinfacht gesagt, der Zellstoff für die Lyocell Faser nicht aus „einem Baum“ gelöst sondern aus alten Baumwolltextilien. So sind viele ihrer Produkte mittlerweile ( so wie ich das verstanden habe ) mit dieser Technologie hergestellt.
Ok , ich denke das war jetzt erst mal genug Input. Ich wünsch euch ganz viel Spaß mit diesen Infos und hoffe sie erhellt den Ein oder Anderen vielleicht.